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The modern synthesis



Obgleich C. DARWIN 1859 die entscheidenden Ansätze für eine Erklärung der Artenvielfalt geliefert hatte, wußte er nur wenig über die eigentlichen Mechanismen, die einer Artbildung zugrunde liegen. Er nahm zwar eine Vererbung von Merkmalen als gesichert an, wußte aber nicht, worauf sie beruht. Er benutzte den Begriff Selektion, konnte ihn aber quantitativ nicht fassen. Er wußte nur wenig über die Effizienz von Evolutionsprozessen und die Geschwindigkeit, mit der sie ablaufen. Er konnte das Aussterben nicht konkurrenzfähiger Arten und die Auslese nützlicher Anpassungen deuten, nicht aber die Entstehung neuer Arten oder die Ausbildung neuer Anpassungen.

Mit dem Aufkommen der Genetik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die von ihm angeschnittenen Fragen einer neuen Betrachtungsweise unterzogen. Erste umfassende Überblicke über die Verknüpfung von Vererbungslehre und Evolutionsforschung gaben T. DOBSZANSKY (1937) und J. HUXLEY (1942) in ihren Werken

Genetics and the origin of species
respektive
Evolution: The modern synthesis.

Wie jeder Wissenschaftszweig, durchlief auch die Evolutionsforschung mehrere Phasen, und die Erkenntnisse hingen von der Geschwindigkeit des Fortschritts auf anderen Gebieten ab.

  1. Noch in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts befaßte man sich mit der innerartlichen Variabilität und den Einflüssen der Umwelt auf die Ausprägung bestimmter Merkmale (des Phänotyps).

  2. Später (im 20. Jahrhundert) kam die Frage hinzu, wie groß die Variabilität des Genotyps innerhalb einer Art sei.

  3. Im Anschluß an STRASBURGERs Entdeckung der Chromosomenkonstanz der Arten fragte man sich, ob aus dem Karyotyp Rückschlüsse auf die systematische Stellung der betreffenden Art gezogen werden können.

  4. Nachdem die Entstehung der Kulturpflanzen durch Polyploidisierung und Artbastardierung von Wildformen geklärt war und auch in einigen anderen Fällen Artneubildung durch Artbastardierung nachgewiesen war, untersuchte man, wie weit diese Erscheinung in der Natur verbreitet ist und welche generelle Bedeutung ihr für die Artentstehung im Pflanzenreich zukommt. Dabei zeigte es sich, daß Artentstehung und die Stabilisierung neuer Arten nicht auf eine Ursache allein zurückgeführt werden können. Es müssen eine Anzahl von Faktoren zusammentreffen, damit einer neuen Genkombination der Status einer neuen Art zugesprochen werden kann. In diesem Zusammenhang muß man sich im klaren darüber sein, was man unter einer Art verstehen will und wie der Artbegriff zu definieren ist.

  5. Molekularbiologische Ansätze erlauben es, Probleme zu klären, die zu Zeiten der klassischen Genetik und Cytologie ausgespart blieben. Die Bandierungstechnik zur Sichtbarmachung von Chromosomensegmenten, die quantitative Bestimmung von DNS und die Berechnung des Verhältnisses von codierender zu nicht-codierender DNS seien als Beispiele genannt. In der Tat haben Untersuchungen auf dieser Ebene bestimmte Evolutionstrends offengelegt, die mit den traditionellen Methoden nicht erkannt werden konnten.

Unabhängig von Fragen dieser Art bemühte man sich, Evolutionsprozesse modellmäßig zu erfassen und sie einer mathematischen Analyse zugänglich zu machen. Ansätze hierzu ergaben sich aus der Populationsgenetik. Zu einem frühen Standardwerk (1930/1958) wurde R. A. FISHERs

The genetical theory of natural selection.

Ebenso wichtig wie das Problem der Artbildung ist das der Entstehung des Lebens und der Entwicklung ständig steigender Komplexität und Leistung, dessen also, was man in der Evolutionsforschung als Fortschritt bezeichnet. Diese Betrachtung leitet zu Themen über, mit denen man sich in der Systematik befaßt.


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de